Tour-de-Bier 2023
Ein Bericht unseres Chronisten Brunnenbräu:
Die Tour-de-Bier 2023 – Rund um Junkersdorf – 7. bis 9. Juli 2023
Vier Jahre liegt unsere letzte Tour-de-Bier bereits zurück – drei Mal musste sie wegen der Pandemie abgesagt werden. Um so schöner ist es, heute, am 7. Juli 2023, im Hotel zur Sonne in Maroldsweisach-Pfaffendorf all die alten, bekannten Gesichter wiederzusehen.
Fast alle.
Einige wenige hatten keine Zeit, und andere sind in den vier Jahren für immer von uns gegangen. Unerbittlich werden wir uns der Zeitlichkeit unseres Daseins bewusst.
In der eigentlich schon nicht mehr betriebenen Wirtsstube unseres Hotels treffen wir uns bei ein paar Gläsern Zwickelbier der Brauerei Scharpf aus Heilgersdorf. Kräftig karamellig und ein wenig buttrig erweist es sich als gut durchtrinkbar, und viel zu schnell ist das bereitgestellte Fässchen geleert. Wie gut, dass es zusätzlich noch ein paar Ein-Liter-Maurerflaschen als eiserne Reserve gibt.
ein sehr durchtrinkbarer Auftakt.
Bei so einem guten Glas Bier gehen die notwendigen Formalitäten und Check-in-Aufgaben im Nu von der Hand, und kaum haben wir uns so richtig warm geredet, beginnt auch schon der Bus-Pendelverkehr in das nur wenige Kilometer entfernte Maroldsweisach.
Hier wartet die Brauerei Hartleb mit ihrem Ausschank und Biergarten auf uns. Ab 16:00 Uhr ist geöffnet, aber um viertel vor vier sind schon fast alle Plätze im Biergarten besetzt … und zwar nicht nur von unserer Reisegruppe. Strahlender Sonnenschein und würziges Bier locken auch die Maroldsweisacher in Scharen hierher.
Wie fast überall, herrscht auch hier eine gewaltige Personalnot, und so ist Selbstbedienung angesagt. Das Landbier – die Brauerei Hartleb produziert nur eine einzige Sorte – ist würzig, süßlich und vollmundig. Für uns Biernerds hätte noch eine Schippe mehr Hopfen verbraut werden können, aber auch so zeigt sich die Durchtrinkbarkeit dieses Biers.
Die einfache und rustikale Küche – vor allem das halbe Hähnchen mit Pommes – erfreut sich ebenso wie das Bier großer Beliebtheit, und so macht die Brauerei mit uns einen ordentlichen Umsatz.
im Biergarten der Brauerei Hartleb war es außerordentlich nahrhaft
Der Brauereichef in sechster Generation, Gunther Hartleb, führt uns – leider ein bisschen unter Zeitdruck, gleichwohl aber mit Herz und Herzlichkeit – durch sein kleines altes Sudhaus. Fünf Lagertanks stehen hier im Kühlkeller, also wird immer fünf Mal rasch hintereinander gebraut, damit alle Tanks wieder voll sind, und rechtzeitig, bevor die Vorräte zu Ende gehen, werden die nächsten Mehrfachsude geplant. Immer dieselbe Sorte, immer das gleiche Bier.
Läuft!
im Sudhaus der Brauerei Hartleb
Vielleicht ist es ja auch ein Glücksbringer, dass genau gegenüber der Brauerei eine Hinweistafel auf den ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau angebracht ist, der hier als zehnjähriger Junge mal gewohnt hat und Ehrenbürger von Maroldsweisach ist.
Der Vollständigkeit halber probieren wir nach dem Rundgang durch das Sudhaus natürlich auch noch das im Biergarten ebenfalls angebotene Weissbier, das allerdings aus den Braukesseln der Brauerei Raab, nur wenige Kilometer entfernt in Hofheim angesiedelt, stammt. Kein Bier, von dem ich meinem Enkel an langen Winterabenden vorschwärmen werde, aber eine feine und solide Erfrischung für einen heißen Sommertag. Gerade recht also für heute!
Die Zeit im Biergarten verfliegt, und schon beginnt wieder der Buspendelverkehr. Diesmal geht es nach Junkersdorf zum dortigen Kommunbrauhaus. Morgen und übermorgen findet dort das jährliche Brauereifest statt, und heute dürfen wir schon mal vortrinken und vorfeiern. Während die letzten Vorbereitungen für das Fest laufen, sitzen die Tour-de-Bier’ler also mittendrin und lassen den Abend ausklingen.
Ein kleiner harter Kern legt die siebeneinhalb Kilometer bis Junkersdorf trotz hochsommerlicher Hitze zu Fuß zurück. Das ist zwar anstrengend, aber wir sind uns sicher: Uns schmeckt das Bier am Ziel dafür grad doppelt so gut wie allen anderen, die im Bus gekommen sind!
Bei reichlich Bier und Brezen verfliegt auch der Abend im Kommunbrauhaus blitzschnell. Es herrscht zwar geschäftiges Treiben, aber auch unsere Gastgeber gönnen sich zwischendurch mal eine Pause auf den Bierbänken und trinken ein schnelles Zwischendurchbier.
Blick ins Sudhaus des Kommunbrauhauses
Die Dorfkinder vertreiben sich die Zeit, indem sie aus dem kleinen Bach direkt am Brauhaus dutzendweise Flusskrebse herausangeln. Dicke, große Viecher sind es, und sie lassen sich mit einem Kescher recht einfach fangen. Und da es sich um eine invasive Art handelt, sind sie auch nicht geschützt – es wird also in irgendeinem Haushalt in Junkersdorf morgen Mittag eine gehaltsvolle Krebssuppe geben!
Die Sonne steht nur noch knapp über dem Horizont, als wir uns auf den Weg zurück zum Hotel machen. Etwas mehr als einen Kilometer misst die Strecke – das ist gerade recht, um sich noch ein wenig die Beine zu vertreten und einen schönen ersten Tourtag ausklingen zu lassen.
Sonnabend.
Die Wettervorhersage droht mit dem bisher heißesten Tag des Jahres. Ein Ansporn, zu früher Stunde, wenn es noch kühl ist, die Umgebung unseres Hotels zu Fuß zu erkunden.
frühmorgendliches Idyll
Anschließend ein deftiges Frühstück, und schon ist es halb zehn, und ein angemieteter Reisebus bringt uns nach Coburg.
Hier haben wir rund eine Stunde Zeit für einen individuellen Spaziergang durch die Altstadt, und dann treffen wir uns in der Morizkirche (ja, genau, ohne t“), um dort einem halbstündigen Konzert zur Marktzeit zu lauschen – ein wunderschönes Orgelkonzert in den kühlen Mauern der Kirche. Ein Moment der Besinnung und Entspannung.
Zufrieden treten wir wieder hinaus in die gleißende Sonne. Puh, jetzt wird es richtig heiß.
Zum Glück ist der Weg bis zu unserer nächsten Station nicht weit: Das Brauhaus zu Coburg wartet auf uns.
Nur wenige Schritte vom Marktplatz entfernt befindet sich das Brauhaus selbst, und noch einmal hundert Meter weiter der Brauhaus Stadl, der zum Brauhaus gehört. Und in letzterem haben wir für unsere Gruppe Tische reserviert.
Wir entscheiden uns, draußen zu sitzen – es gibt zum Glück genügend Sonnenschirme. Der Service ist superfreundlich und aufmerksam, man bemüht sich wirklich um uns. Und mit eben dieser Superfreundlichkeit informiert man uns aber leider auch: „Unser eigenes Bier ist aus. Wir haben nur all die anderen Biere auf der Karte.“
heute leider nur Fabrikbier
Hm, das ist jetzt keine schöne Überraschung. Es ist eh schon verwunderlich, dass auf der Karte nur eine einzige eigene Biersorte angegeben ist, der Veste Trunk, und dann gibt es dieses Bier noch nicht einmal?
Freundlich verweist man uns auf das umfangreiche Angebot an anderen Bieren. Tja, umfangreich schon, das sicherlich. Aber nur in Bezug auf die Anzahl. In Bezug auf die Originalität? Leider Fehlanzeige – es sind durch die Bank Biermarken des großen Platzhirschen Tucher.
Ich mache aus der Not eine Tugend und bestelle von den Biermarken dann wenigstens die, die mir nicht so vertraut sind: Das Grüner und das Hürner Bier, beide einfach nur als Vollbier angepriesen.
Das 5,6%ige Grüner enttäuscht auf ganzer Linie – es ist lange her, dass ich ein so dünnes und wässrig wirkendes Bier getrunken habe. Kaum Geruch, kaum Geschmack, ein Hauch von Malzsüße und eigentlich keine Hopfenbittere. Von allem zu wenig. Nach einem halben Glas habe ich genug und denke mir: Für eine fast völlige Abwesenheit von Geschmack muss ich meinem Körper das Zellgift Alkohol nicht antun. Ich schütte den Rest in den Blumenkübel neben unserem Tisch.
Das 5,1%ige Hürner Vollbier ist einen Hauch kräftiger – hier kann ich wenigstens identifizieren, dass Malz und Hopfen verwendet wurden, wenn auch sparsam. Wirklich überzeugen tut mich das Bier aber trotzdem nicht.
Die vom unverändert freundlichen Service (das muss ich mehrfach betonen, denn die machten ihre Sache wirklich klasse!) aufgefahrenen Coburger Bratwürste schmecken hervorragend; das Sauerkraut, mit dem sie serviert wurden, allerdings nicht. Völlig zerkocht, zu einem undefinierbaren grauen Matsch zerfallen und verhältnismäßig fad reihte es sich traurig, aber konsequent in die Abwesenheit von Geschmack ein, die das Grüner (und mit Abstrichen auch das Hürner) schon präsentiert hatten.
Ist das etwa nur Attrappe?
Puh, liebes Brauhaus zu Coburg, das war jetzt aber überhaupt nichts. So freundlich der Service (!), so ansprechend der Innenbereich und der Biergarten des Brauhaus Stadl und so niedlich die kleine kupferne Brauerei im separaten Showroom auch sind – weder Bier noch Küche haben mir zugesagt. Und ein Blick in die Runde unserer Reisegruppe zeigt mir: Wahre Begeisterung sieht anders aus.
(Ein kleiner Einschub sei mir gestattet: Im Gespräch mit Passanten auf dem Marktplatz zeigte sich, dass es wohl der Normalfall ist, dass es im Brauhaus zu Coburg kein eigenes Bier gibt: „Was, Ihr wart im Brauhaus? Und, wie war das dortige Bier?“ – „Gab’s nicht.“ – „Hahaha, gibt’s da nie. Hätte ich Euch vorher sagen können. Die locken die Touristen da hin und füllen sie mit billigem Tucher ab!“)
Sei’s drum. Wir freuen uns jetzt auf einen Stadtrundgang mit Bierbezug. Und ganz besonders freue ich mich, dass es Wolfgang Korn ist, der uns durch die Stadt führt. Wolfgang hat schon als Gastautor für meinem Blog geschrieben, und wir haben uns schon oft per eMail ausgetauscht. Heute sehen wir uns zum ersten Mal „in echt“.
Er führt uns durch die Gassen und durch die Höfe der Stadt. Ein großer Schlüsselbund öffnet uns Türen zu Innenhöfen, die dem normalen Besucher verborgen bleiben, und gefühlt zu jedem zweiten Gebäude weiß er eine Geschichte mit Bierbezug zu erzählen. Hier war mal eine Brauerei, dort wohnte ein bekannter Brauer und noch eine Ecke weiter befand sich eine Bierwirtschaft. Aber auch jenseits des Biers kommen Geschichte und Kultur der Stadt Coburg nicht zu kurz.
Stadtrundgang mit Wolfgang Korn
Die Zeit verfliegt nur so, und überrascht schauen wir in einem der Innenhöfe auf die Uhr. Wie, schon vorbei? Wolfgang muss sich schon von uns verabschieden, und uns bleibt gerade noch ein kurzer Moment für einen Kaffee und einen Eisbecher im Stadt-Café, bevor uns der Bus zurück nach Pfaffendorf bringt.
Die ganz Unentwegten bleiben im Bus und fahren noch anderthalb Kilometer weiter nach Junkersdorf zum Brauereifest, die weniger Standfesten steigen in Pfaffendorf aus, gönnen sich einen Moment Pause und kommen etwas später zum Brauereifest.
So oder so: Nach einer Weile sind alle Tourler wieder beisammen.
Die ganze Wiese rund um das Kommunbrauhaus steht voller Biergarnituren, das Bier fließt in Strömen, es gibt ganz klassisch Bratwurst und Steak im Brötchen, die Sonne scheint, die Kinder spielen im Bach, und ein Alleinunterhalter malträtiert seine Hammondorgel genauso wie unsere Ohren.
Schön, dass es dieses Kommunbrauhaus gibt und dass die alte Tradition des dörflichen Bierbrauens aufrechterhalten wird. Das Brauereifest ist nur der Höhepunkt dieser Tätigkeit, aber das Junkersdorfer Bier gibt es nicht nur dann. Jeder Sud schmeckt ein wenig anders, denn auf der alten, holzbefeuerten Anlage gibt es keine Parameter, die man perfekt steuern kann. Mal wird die Maische etwas heißer, mal bleibt sie etwas kühler. Mal dauert es ein wenig länger, bis die Teilmaische gezogen und gekocht ist, mal geht es schneller. Kocht die Würze schon seit fünf Minuten, oder sind es doch schon zehn, als der Hopfen hineingeworfen wird? Aber eins haben die hier gebrauten Biere immer gemein: Eine kräftige, mittelbraune Farbe, eine nicht allzu hohe Spundung und einen kernigen Charakter, der sich aber nicht negativ auf die Durchtrinkbarkeit auswirkt. Ganz im Gegenteil!
ein Bier nach dem anderen fließt in den Steinkrug
Und so fließt ein Bier nach dem anderen in den Steinkrug, die Stimmung steigt und mit ihr der Geräuschpegel. Fröhliches Lachen, übermütiges Gejohle und auch zu später Stunde noch das Kreischen der herumtobenden Kinder.
Wärend wir mit den letzten Strahlen der untergehenden Sonne in Richtung Hotel spazieren, klingt der Festival-Lärm langsam ab, und als wir schließlich vor der Tür stehen, hören wir nur noch ab und zu einen Fetzen Musik, die der Wind bis zu uns rüber trägt.
Schön war’s!
Sonntag.
Traditionsgemäß füllt sich der Frühstücksraum des Hotels ein wenig später als sonst. Der letzte Tourtag ist, egal, ob die Tour-de-Bier zwei, drei oder vier Nächte gedauert hat, immer der des Ausnüchterns, des Rückblicks und des Abschieds.
So bleibt Zeit für die Frühaufsteher, diesmal die andere Seite des Tals zu erkunden und die frühen Morgenstunden mit Muße zu genießen. Was zusätzlich auch noch den Vorteil hat, dass sich bis zum Beginn des Frühstücks auch ein ganz ordentlicher Hunger aufgebaut hat …
Morgenstund‘ hat Gold im Mund
Eindrücke werden schon als quasi ganz frische Erinnerungen ausgetauscht, Telefonnummern notiert und Versprechen gemacht, diesmal die Tourfotos aber auch ganz gewiss über das Internet mit allen anderen zu teilen.
Und schon ist wieder alles vorbei. Vor uns das graue Band der Autobahn, hinter uns die Biere dieses Wochenendes.
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